Die Kumari (ein separater Post wird irgendwann folgen), verlässt oder darf ihren Palast selten verlassen. Einzig bekommt man sie zu Angesicht im Innenhof ihres Wohnsitzes auf dem Durbar Squaere in Kathmandu. Dabei ist es strengstens verboten sie zu fotografieren. Zwei mal hatte ich die Gelegenheit sie am Fenster zu sehen. Während meiner ersten Nepal Reise, damals war es noch die Vorgängerin der jetzigen und einmal voriges Jahr. Es bringt Glück, sagen die Bewohner des Kathmandu Tales, wenn man sie sieht. Ist sie doch schliesslich eine Göttin, genauer gesagt die Reinkarnation der Göttin Durga.
Zu Indra Jatra gibt es eine der sehr wenigen Gelegenheiten sie hautnah zu sehen und auch zu fotografieren. Indra Jatra, gewidmet dem Regengott Indra, wird sie an 3 Tagen durch die Strassen Kathmandus gefahren. Auf einem goldenen Wagen mit großen Holzrädern. Mehrere Männer ziehen den Wagen durch die Stadt.
Zu Indra Jatra wird die Königliche Kumari von zwei Kumaris für einen Tag, man nennt sie Chat Kuaris, begleitet. Der Wagen im Bild ist einer der Chat Kumari Wagen und somit etwas kleiner als der welcher die Göttliche zieht. Vielleicht kann man sich vorstellen wie schwer es ist den Wagen mit solchen Rädern zu ziehen.
Vier Mal war ich an Indra Jatra in Nepal und drei mal war ich gerade nicht in Kathmandu. Aber dieses mal hatte ich mir fest vorgenommen einen der Fest Tage zu nutzen um die Kunmari auch mal richtig zu sehen. Wenn auch die Kleine einem, für unsere Begriffe, leid tun kann. Trotz dessen geht irgendetwas von ihr aus, was auch uns aufgeklärte Ausländer, in den Bann zieht.
Irgendwann schrieb ich schon einmal: möchte man von Nepalesen eine einigermassen treffende Auskunft was Datum und Zeitangaben betrifft, kann man sich die richtige Antwort unter sehr vielen aussuchen ;). Die Kumari ist aus der Newar Kaste, den Ureinwohnern des Kathmandu Tales. Shriman ist entsprungen aus dem Bergvolk der Rai, somit eine total andre Kaste. Nun weiß er um die Existenz und auch des Lebens der Kumari, doch wenn es um speziell newarische Festtage geht, muss auch er passen. Was bei einem Ethnien Mix von über 100 verschiedenen Volksgruppen in Nepal, wirklich nicht wunderlich ist.
Irgendwer gab mir den Hinweis am Morgen, so ab 8 Uhr beginnt an jedem der drei Tage die Prozession. Ich quälte mich am ersten Tag recht zeitig aus dem Bett um mit noch schläfrigen Augen im Bus zu sitzen und auf göttliche Mission zu gehen. Schon bei Ankunft im Umkreis wo das Ereignis starten sollte, war leichte Verwunderung bei mir spürbar. Alles war wie immer. Nichts war irgendwie besonders. Das Feeling was man sonst bei anstehenden Events der oberen Kategorie verspürt war nicht da. Macht nix. Ich liebe es morgens durch die alten, engen Gassen zu schleichen. ´Schon das ist fantastisch.
Doch am Durbar Squaere angekommen, wo auch der Kumari Palast ist, sah ich nur die Wagen, leer versteht sich, die durch die Strassen gezogen werden sollten. Ich ging in das Kumari Bahal (Bahal nennen die Newar den Palast) und alles wie immer. Touristen stehen und warten auf einen göttlichen Blick, Guides plappern ihre Gäste voll und Nepalsen verschwinden durch die kleine Innentür an der steht: für Ausländer strengstens verboten! Hier gehen die gläubigen hinein um von der Kumari, während einer täglichen Puja, Segen zu empfangen.
Das ist jener Innenhof. Aus einem der drei Fenster hat man die Chance die Kumari zu sehen, sollte die kleine Göttin bei Laune sein. Recht schön hat man den Palast gemacht zum Indra Jatra. Während die beschädigten Tempel (Erdbeben) seit 1,5 Jahren vor sich hintümpeln (es ist eine Schande), hat der Kumari Bahal neue Farbe bekommen. Die nebenbei gesagt auch nach dem Besuch meinen Arm zierte, da ich Dödel die schöne glänzende neuen schwarze Farbe bewunderte und so clever war mich trotz dessen an die Wand zu lehnen.
Um das ganze jetzt mal abzukürzen. Mein früher Trip war sinnlos. Die Kumari schlummerte sicher noch auf ihrem göttlichen Kissen, während ich mir schwarze Farbe an die Klamotten schmierte. Erst jetzt kam ich auf die göttliche Idee, einen Freund der Newar ist, anzurufen. Und der konnte mir mit absoluter Gewissheit sagen, dass die Prozessionen erst am Nachmittag gegen 3 Uhr beginnen. Hieß für mich Abmarsch, da ich Nachmittags einen anderen Termin hatte. Doch der folgende Tag, war mein TAG. Jetzt mit einer, für nepalesische Verhältnisse, exakten Zeitangabe 😉 plus minus 2 Stunden, trudelte ich gegen 2.30 Uhr am Kumari Bahal ein. Und jetzt sah die ganze Szene schon etwas anders aus, als am Tag davor.
Die Polizei bekam hier ihren allgemeinen Marsch geblasen, wie vor zugehen war. Und der Platz füllte sich von Minute zu Minute mehr. Ich erspähte mir einen annehmbaren Platz. Ich weiß ja nun nicht genau welchen Weg sie nimmt, konnte es aber erahnen. So hatte ich am Ende des Tages einen Logenplatz, denn ich stand perfekt! Immer wichtig etwas oberhalb zu stehen, wenn man nur 1,51 ist.
Die Mädels, die hier scheinbar etwas gelangweilt herum sitzen und es sich bequem machten, standen später schnurstracks neben mir, als es losging. Es war 3.30 Uhr, noch immer nur Vorgeplänkel.
Ich fragte die Musikanten, wann es losgehen sollte. So gegen 5 antwortete man mir. Ich hatte also noch 2 Stunden meinen 1 A Platz zu verteidigen. (los ging es letztendlich 6 Uhr 😉 )
Der Platz wurde voller und voller, die Polizei hatte nicht viel Stress, denn alle verhielten sich gesittet. Und oben aus dem Kumari Bahal sahen jene die zur Familie der Kumari gehören, Diener sind oder dem Kumari Komitee angehören.
Volksfest Stimmung. Maskentänzer stürzten sich in die Massen um ihre rituellen Tänze zu zeigen.
Opa und Enkel sind auch dabei.
Ein Elefant wird mit viel Gejohle der Massen durch die Menge geführt.
Dann kam der untrüglich letzte Beweis das es bald losgeht.
Die drei Haupt Prister der Kumari verließen den Palast. Meine Spannung stieg.
Als erstes wurden die zwei Chat Kumaris (die für einen Tag) durch die Leute zu ihren Wagen getragen. Kumari Füsse sind oberheilig und dürfen nie den Boden berühren. Kumaris tragen nie Schuhe. Ihre Füsse sind rot bemalt. Ihre Fussohlen dürfen niemals gezeigt werden (dies ist übrigens in der ganzen nepalesischen Gesellschaft verboten, da extrem unhöflich). Während der langen Prozession, die bis weit in die Nacht geht, kann die Kumari nicht im Schneidersitz sitzen, so bekommt sie für dieesn Anlass rote Socken angezogen.
Die Stimmung stiegt, jetzt dauerte es nicht mehr lange.
Hinter den Menschen wird DIE Kumari zum Wagen getragen. Viele Menschen, meist Frauen um mich herum, verstummten. Und ehrlich, ich bin kein Mensch der an Götter glaubt und im eigentlichen Sinne tut mir das Mädchen leid (später einmal mehr dazu), aber irgendwie kann man sich dem nicht entziehen. Sehr eigenartig.
Und hier ist sie: DIE KUMARI
Bevor sie auf ihren Thron gesetzt wird, wird sie hoch gehalten, dass jeder sie sehen kann. Ein Raunen und Aufschrei ging durch die Massen. Die Wagen fuhren extrem nah an mir vorbei. Ich hatte so meinen Trasch zu überlegen: filmen oder knipsen. Am liebsten hätte ich fünf Hände gehabt.
Der Wagen ist schwer zu bewegen, so dauerte es einiges bis er um die Kurve kam und ich hatte einen besseren Blick ins Innere.
Beim Anklicken vergrößern sich die Bilder.
Mit lautem Knallen startete der Tross in Richtung Norden.
Auf dem Wagen wichtige Männer und sicher auch unwichtige die sich wichtig halten. Einer davon ist ihr Vater. Viele sind vom Kumari Komitee und natürlich auch ihr Diener.
Ganz langsam verlies der Wagen und damit die Kumari meine Sichtweite. An jenem Abend hatte sie noch einen langen Weg vor sich. Die Männer schmissen Blumenblüten, gesegnet von der Göttlichen vom Wagen. (Ähnlich wie die Kamellen beim Fasching). Die welche eine fingen, drückten Sie an Herz und Stirn und werden sie sicher bis zum Lebensende irgendwo verwahren. Sorry, auch ich ertappte mich dabei zu versuchen eine der Blüten zu erhaschen. Lies aber dann den anderen den Vortritt.
Ich hatte es geschafft, nach 8 Jahren Nepal, habe ich sie live in Action gelesen. Ich habe viel über sie gelesen, mir mein eigenes Bild zurecht gezimmert. Sie heimlich „bewundert“ nicht vergöttert, mir vorgestellt wie ihr Leben danach ist. Ein Mädchen die Göttin für ein paar Jahre ist und dann normal werden soll. Geht das? In unseren Vorstellungen sicher nicht. Auch nicht in ihrer Realität. Aber alle Nepalesen und damit meine ich auch fortschrittlich denkende, glauben es ist ihre Bestimmung. Nicht umsonst war einer der meist gestellten Fragen der Nepalis kurz nach dem Erdbeben: Wie geht es unserer Kumari? Eins der größten Glücksmomente nach diesem verheerenden Beben, hatten die Nepalis als sie hörten: der Kumari Bahal steht.
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