Wenn man aus der Reihe tanzt

Was mir so richtig klar in den vergangenen Jahren geworden ist – wenn man anders genormt ist, also mit einem herkömmlichen Lebenslauf NICHT aufwarten kann und dementsprechend etwas aus der Reihe tanzt, kommt man ab und an in Erklärungsnöte oder aber muss seinem Gegenüber klar und deutlich definieren das man aus der Reihe tanzt. Vor allem wie und oft auch warum.

Bei den meisten, wie heisst es jetzt auf neudeutsch, – multikulturellen Paaren – läuft es meist so ab, daß der eine Partner zum anderen Partner in dessen Land zieht. Prozentual gesehen, habe ich einmal gelesen, dass bei deutsch – ausländischen Partnern, die meisten Paare in Deutschland leben. Das ist die „Norm“ die Behörden, Ämter und Gesellschaften meist so kennen und damit umzugehen zu wissen.

Natürlich nicht bei uns. Wir sind nicht die „Norm“.

Anfangs habe ich mir Nächte lang den Kopf zerbrochen über solche Fragen wie:

  • wie stelle ich das mit der Krankenkasse an
  • wie mit der Rentenstelle (Gott allein weiß, wann ich mal davon profitiere)
  • wie mache ich das mit einem Arbeitgeber
  • und die Wohnung
  • das Auto
  • und sehr wichtig!!! Die Ausländerbehörde

Schier unüberwindbar schienen mir damals die Angelegenheiten wie große Felsbrocken vor mir zu liegen.

Jetzt, nach nun fast 3 Jahren Erfahrung des Hin und Her Pendelns Nepal – Deutschland ist mir vieles klar geworden. Ich weiß umzugehen und kann auch mit etwas Stolz behaupten, oftmals den zuständigen Mitarbeitern zu „erklären“ was sie nun wie zu machen haben.

Kein Magengrummeln mehr, wenn es heisst sich wieder einmal zu erklären. Man geht ganz anders an die Sache heran. Natürlich man hat ja Erfahrung gesammelt. Es ist natürlich immer noch schwer, denn jedes mal trifft man auf andere Mitarbeiter, die Balance des Erklärens zu halten. So weit preis zu geben das der Gegenüber versteht, aber nicht zu viel privates zu erzählen. Aber auch darin sammelt man Erfahrung.

Am schwierigsten schien mir damals die Sache mit unseren Arbeitgebern. Zum Glück stellte sich heraus, dass gerade bei ihnen das größte Verständnis da war und wir immer wieder neue AV bekommen, wenn wir das Land betreten.

Auto und Wohnung sind auch längst keine Probleme mehr. Beim Auto wird die Batterie abgeklemmt und in der 3 Monate Herbst Saison abgemeldet. Wohnungsschlüssel sind verteilt auf Muddi, Hausmeister und Nachbar. Kommen wir in Deutschland an, begrüßt uns unsere Wohnung schön aufgeräumt, geordnete Post auf dem Tisch und Dank Muddi mit gefüllten Kühl – und Vorratsschrank. 🙂

Die Rentenstelle – mal ehrlich gesagt, ich habs abgeschrieben. Viel kommt eh nicht bei rum. 🙂

Ein Knackpunkt ist die Krankenkasse.

Deutsche Bürger und solche die in Deutschland leben sind Pflichtversichert. Bedeutet, wenn du dich aus Deutschland nicht abmeldest musst du blechen. Und das nicht wenig. Der Satz für einen Monat pro Mann/Frau ist um ein 7 Faches höher als Shrimans und meine Auslandskrankenversicherung für 3 Monate zusammen kosten.

Wir melden uns nicht ab. Zum einen, weil mir das dann nun wirklich zu stressig wäre, vor allem immer wieder anmelden. Zum anderen aber auch weil Shriman sich nicht abmelden kann, sonst bekommt er Probleme mit seinem Aufenthaltsstaus. (Sicher gebe es da auch eine Lösung, aber mal ehrlich, mir reicht es erst einmal mit den anderen Dingen). Bei unserer Krankenkasse ist es nun so: in Nepal werden wir ja nicht versichert, also kann man uns auch keine Leistung bieten. Warum sollten wir dann zahlen. Sie sind damit einverstanden, dass wir jedes mal kommen wir zurück, unsere Flugtickets und sehr wichtig unsere private Krankenversicherung in der Kopie senden. Damit sind wir befreit. Wir kommen meist 2 bis 3 Tage vor Arbeitsbeginn wieder in Deutschland an, ab dann sind wir ja wieder über den AG versichert.

Es nervt ab und an, denn wann immer wir kommen liegen Briefe von der Kranklenkasse da. Wieso wir nicht bezahlen, ob wir keine Versicherung mehr möchten usw….

Ich starte dann immer meine Telefonrunde und erzähle, es sind immer wieder neue Mitarbeiter am Telefon, meine Story und sende dann alles zu. Dabei sind die meisten der Mitarbeiter meist positiv überrascht über unser Leben. Eine sollten wir mal mitnehmen nach Nepal 😉 Natürlich gibt’s auch Idioten, wie überall. Eine meinte mal mir klar machen zu müssen, dass man so nicht leben kann. O Ton – das geht doch nicht wie sie sich das vorstellen. Das ist nicht erlaubt 😉 Ich musste Ihr dann erst mal klar machen das schon im Grundgesetz steht jeder Bürger hat seine Rechte und kann über sich selbst bestimmen. Eine Mitarbeiterin hatte ich einmal gefragt, ob man das nicht schon vor anmelden könnte? Vor allem um den immer wieder neu eintreffenden Briefverkehr etwas zu stoppen. Kostet den Kassen ja auch Geld ;). Geht nicht meinte sie, läuft alles automatisch. Und nebenbei gesagt fand sie das auch doof. Im Grunde ist mir ein großer Stein vom Herzen gefallen, denn würden die nicht mitspielen, wäre das eventuell unser Aus.

Hach…..die GEZ fällt mir gerade ein. Die zahlen wir natürlich. In Anbetracht dessen, welche Ämter alle mit uns mitspielen, scheint die GEZ eine der größten Machtinstitute bei uns zu sein.

So….jetzt zur Ausländerbehörde. Wir bleiben jedes Jahr in Shrimans Limit. Bedeutet: nicht mehr als 6 Monate im Jahr ausserhalb Deutschlands, sonst wird die Aufenthaltsgenehmigung entzogen. (Man kann aber auch hier Ausnehmen anmelden! Womit wir aber mal noch warten 😉 )

Jetzt sind fast 3 Jahre rum. Ab Mitte September, hat Shriman nach 3 Jahren, das Recht in Deutschland zu bleiben. Alarm, Alarm! Mitte September sind wir nicht mehr hier. Ohne neue Dokumente würde Shriman also nicht wieder rein gelassen werden.

Da, aus bekannten Gründen, die Ausländerbehörde im Moment sehr ausgelastet ist, wollten wir das so früh es geht erledigen. Begonnen hatten wir letzte Woche. Zwei mal nahmen wir Morgens, wir hatten Spätdienst, Anlauf. Zwei mal mussten wir kurz vor unserem Arbeitsbeginn unsere Nummernzettel entnervt zerreißen und abtreten ohne zum Ziel zu kommen. Zu voll. Aber heute starteten wir Anlauf Nummer 3 von drei Fronten. 😉

Muddi wurde mit eingespannt und musste gegen Zwei hingehen und für uns eine Nummer ziehen. Shriman kam gegen 3.20 von seiner Arbeitsstelle und ich gegen 3. 25 von meiner. Muddi ging wieder und wir hielten krampfhaft Zettel Nummer 593 des Service Schalters in der Hand und durften ganze 4 Minuten vor 6 Uhr das Büro betreten. Halelulia!

Wie auch unsere Arbeitgeber, war die Ausländerbehörde ein Punkt der mir Anfangs sehr zu schaffen machte. Wie unsere Arbeitgeber hat mich aber auch die Ausländerbehörde, wieder einmal, positiv überrascht. Guten Tag ich bin Herr R….und komme aus Nepal, begrüßte Shriman die Dame am Counter. Ich konnte mir ein Grinsen kaum verkneifen. Ob sie interessierte woher wer kommt? 😉 Erfahrungsgemäß wenden sich die Mitarbeiter dann immer an mich, wenn sie merken ich gehöre dazu. Ich erklärte, wieder einmal, um was es geht und warum wir schon Ende August seine neue Aufenthaltskarte brauchen. Kein Problem, bekam ich zur Antwort, dies bekommen wir hin.

Jetzt meinte es die gute Dame ganz gut und fragte ob wir nicht gleich eine Niederlassungserlaubnis beantragen möchten. Der Unterschied ist:

Aufenthaltserlaubnis ist befristet für jeweils 3 Jahre

Niederlassungserlaubnis ist unbefristet – bedeutet. Shriman kann immer und ewig hier bleiben. Und muss sie nur erneuern, wenn er einen neuen Pass bekommt. Also aller 10 Jahre. Natürlich mit der Auflage das er für sich selber sorgen kann und keine öffentlichen Mittel in Anspruch nimmt. Die haben wir noch nie in Anspruch genommen, dies weiß aber die Dame nicht.

Jetzt kommts: nach unserer Erklärung, Shriman arbeitet nicht voll und könnte somit nach deutschen Maßstäben nicht für sich allein aufkommen, aber wir werden ja zusammen gerechnet. Wir sollen nächsten Dienstag, wir bekamen einen Termin ohne Nummer ziehen ;),  die letzten 3 Lohnzettel mitbringen. Naja jetzt musste ich wieder erklären:

Wie sind immer zwei mal im Jahr weg. Kommen wir zurück arbeiten wir wieder. So haben wir den letzten Lohnzettel vom Februar. Schier stand der Dame der Mund offen, als sie vernahm das unsere AG uns jedes mal wieder aufnehmen. Erst glaubte sie wir suchen immer wieder neu. Orrrrrrrrrrrrrr manchmal mag ich einfach nicht immer und immer wieder unsere Story erzählen, aber wenn es sein muss.

Jetzt sollen wir alle unsere Arbeitsverträge und dazugehörige Lohnzettel im Original und Kopie mitbringen. Mein armer Drucker. Insgesamt 8 Arbeitsverträge in denen immer wieder das gleiche steht, ausser das Anfang und Ende Datum. Zahlreiche Lohnzettel kopieren.

Des weiteren braucht Shriman eine Bestätigung der Krankenkasse. Ich denke mal sein AG meldet ihn erst bei der Lohnzahlung an (er hat ja 6 Wochen Zeit), so dass die KK mir die Bestätigung sicher nicht geben kann, da wir schon am 31. ten Termin haben und da ist erst Zahltag. Vielleicht kann man es nachreichen. Oder aber ich erzähl meine Story zum x ‚ten mal. Übrigens bin ich Erscheinungspflichtig zu diesem Termin, da ich die Ehefrau bin. Geiles Wort – Erscheinungspflichtig – Für meinen AG habe ich da auch einen schönen Zettel vom Amt bekommen. Damit ich auch frei habe zu dieser Zeit. 😉

Es ist anstrengend wenn man von der Norm abweicht, aber wir haben es ja so gewollt.

Jetzt drückt mal die Daumen das Shriman seine Niederlassungserlaubnis bekommt. Somit hätten wir anstatt 3 Jahren, 10 Jahre Ruhe.

 

2 Antworten zu „Wenn man aus der Reihe tanzt”.

  1. Für diese Bürokratie benötigt man starke Nerven!
    Ich drücke euch ganz fest die Daumen, damit Shriman seine Niederlassungserlaubnis bekommt!

    Weiterhin viel Mut, Kraft und Zuversicht für alle eure Unternehmungen wünscht euch Ingrid

    1. Hallo Danke Dir. Nerven habe ich, sehe es mit der Zeit auch was lockerer ;). LG

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