Himmels Bestattungen

Wenn ich mit Touristen die noch nie in Nepal, gar Asien waren, zu den Sehenswürdigkeiten in Kathmandu fahre, erlebe ich fast immer die gleiche Situation.

Um den Gästen die Kultur in Nepal näher zu bringen, fahre ich meist als erstes nach Bodhanat zur großen Stupa. Immer wieder höre ich dann: ach wie schön, so ruhig und friedlich. Es ist wahrhaft so, verlässt man die geschäftstüchtige Strasse durch das Tor zur Stupa, wird es schlagartig ruhig. Buddhistisch halt, wie ich auch schon zu hören bekam.

Danach geht es zum Pashupatinath, der größten Tempelanlage die Gott Shiva gewidmet ist und auch der Platz an dem Hindus öffentlich beerdigt/verbrannt werden. Die Tempelanlage ist das, so kann man das Sagen, krasse Gegenteil der zuvor besuchten Stätte Bodanath. Viele unserer Gäste fragen, nachdem ich sie erst zu den verschiedenen Tempeln führe und etwas zur Geschichte Shivas erzähle, wo denn nun die Stelle der Verbrennungen ist. Natürlich führe ich sie auch an diesen Platz. Bei allen kann ich beobachten wie gebannt, sicher auch mit innerlich gemischten Gefühlen, sie stehen und zusehen wie die Hindus ihren Beerdigungsritualen folgen.

Das bringt mich auf eine andere Art der Bestattung in Asien, die im Buddhismus auch oft angewand wird, der Himmelsbestattung.

Unsere erste Trekkingtour führte uns nach Mustang. Mustang war noch bis vor kurzen noch ein Königreich. Wird aber jetzt von Nepal verwaltet. In Mustang leben die ethnische Gruppe der Lopa, die tibetischen Hintergrund haben. Buddhisten verbrennen größtenteils auch ihre Toten. Aber hier und auch in Tibet ist das nicht möglich. Mustang gehört zur tibetischen Hochebene, hier gibt es kein Baumwuchs mehr. Eine karge, wüsten ähnliche Landschaft erwartet einen in Mustang. Oft erinnerte es mich an den Grand Canyon in den USA.

Holz ist hier eins der kostbarsten Dinge, im Winter ist der Boden gefroren und Wasser gilt als heilig. Aus diesem Grund gibt es hier seit Menschengedenken eine andere Form der Bestattung. Tote und das mag jetzt barbarisch klingen, werden den Geiern (sind im Buddhismus heilig) zum „Frass“ vorgeworfen.

Nach dem Tod werden die Verstorbenen auf einem Stuhl, in Tüchern eingewickelt, sitzend festgebunden und so bleiben sie ein paar Tage. (Ich habe das schon mal bei den Tamang in Langtang sehen können). Buddhistische Lamas halten 3 bis 5 Tage die verschiedensten Zeremonien ab und geben damit der Seele des Verstorbenen die Möglichkeit den Körper zu verlassen. Dann beginnt die eigentliche Beerdigung.

Immer noch auf dem Stuhl zusammen geklappt (klingt jetzt etwas komisch), wird der Verstorbene auf einen Berg getragen. Begleitet von den Lamas, seinen Freunden und Familie. In der Vorstellung der Hinterbliebenen ist es nur noch eine leblose Hülle, da die Seele schon lange entwichen ist. Die Menschen, man mag sie Totengräber nennen, welche die Zerteilung der Leiche vornehmen nennt man, Ragyapas. Was für das Volk der Lopa als ganz normaler Beruf gilt. Auf dem Gipfel des Berges ( was dort auch als Sitz der Götter bezeichnet wird), wird als erstes ein heiliges Feuer entfacht und Tsampa gekocht. Tsampa ist ein Gemisch aus gemahlener Gerste und Wasser. Dies benötigt man um die Geier zu locken, die schon bald zahlreich über dem Platz ihre Runden drehen.

Die Leiche wird jetzt mit Messern zerlegt, wobei kleine Teile mit dem Tsampa vermischt werden und über den Bestattungsplatz verstreut werden. Es dauert nicht lange und die Geier fangen an zu fressen. Knochen werden zerstampft und ebenfalls mit dem Tsampa vermischt, so dass alle irdischen Reste der Leiche bald nicht mehr da sind. Wie auch im Hinduismus legt man großen Wert darauf, dass der Schädel gespalten ist. Nur dann hat die Seele, sollte ein Hauch davon noch vorhanden sein, die Möglichkeit gänzlich zu entweichen. Jedes noch so kleine Teil des Verstorbenen muss gefressen wurden sein, denn nur dann glauben die Lopa, ist die Seele frei und hat die beste Basis für eine Wiedergeburt.

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Sitz der Götter und Platz für eine Himmels Bestattung

Für uns mag das alles sehr schlimm klingen, es ist jedoch Jahrhunderte alte Tradition und den Lebensbedingungen der Menschen dort angepasst.

Wenn unsere Touristen im Pashupatinath oft auch etwas fassungslos zusehen und nicht verstehen, wie man öffentlich Tote verbrennt, erzähle ich ihnen über die Rituale der Lopa. Man muss akzeptieren das es nun in anderen Teilen der Welt anders zu geht. Und wer entscheidet denn, dass unsere Methode der Beerdigungen die bessere ist? Wobei ich zugeben muss, dass auch ich damit, wäre es in Deutschland auch so, ein Problem hätte.

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