Und wo ich anfangen soll, weiss ich so gar nicht.
Begonnen hat es mit einem komischen Gefühl nun jetzt wieder zum Ort des Geschehens zu fliegen. Bei uns in den Medien hört man nix mehr von Nepal. Dabei brodelt es noch gewaltig hier. Nicht das es nahezu noch mehrmals in der Woche sogenannte „Aftershoks“, also Nachbeben gibt, brodelt es an der südlichen Grenze Nepals im Terrain. Dies jedoch in politischer Hinsicht.
Standen die Nepalesen nach dem Beben wie ein Mann zusammen, so fangen sie jetzt wieder an sich in ihre jeweiligen Kasten/Ethnien zu spalten, was die Erbringung des Grundgesetzes betrifft. Nepals Politiker machen nun endlich mal Druck das eine rechtmässige Verfassung ins Land kommt. Wenn man mich fragt, wäre es wohl besser gewesen erst mal Opfer des Erdbebens mit Spendengeldern zu unterstützen, als sich gerade jetzt solch einer Sache, die sicher wichtig ist, an zunehmen. Millionen von Spendengeldern lagern (hoffentlich) noch im staatlichen Fond. Und die Bevölkerung fragt sich auf denn nun noch gewartet wird. Nur gut das es Privatinitiativen, wie auch unsere, gab. Ich wage nicht daran zu denken wo welches Geld, auf welchen Konten landen wird. wohlgemerkt vom staatlich eingerichteten Fond. (dazu gehe ich später noch einmal näher darauf ein).
Unsere Ankunft in Kathmandu war früh am Morgen. Dichter Dunst empfing uns. Gleich vertraut war mir der Geruch. Ich kann ihn nicht beschreieben, assoziierte ihn jedoch immer mit Nepal. Es waren viele Ausländer an Bord, so wie ich jedoch sah, mehr Volontäre und noch einige Spezialisten. Touristen eigentlich sehr wenig. Die Saison beginnt erst noch, aber ich denke und weiss jetzt auch nach Gesprächen mit Hotel Managern, es gibt einen immensen Einbruch.
Auf dem Weg vom Flughafen nach Hause drückten wir unsere Nasen an der Autoscheibe platt. Wie sieht es aus? Wo waren Häuser eingestürzt, wo sind Ruinen? Nun, wir sahen nicht viel. Ein paar Häuser mit Gerüst und ein paar Steinhaufen und Löcher wo ein Haus einmal stand. Ich würde sagen, wüsste man nicht das ein Erdbeben war, würde es man nicht bemerken. Sicher Nepalneulinge könnten denken: was so viel ging kaputt? Doch ich weiss, vieles an Unrat lag schon vor dem Beben und hat damit nichts zu tun.
Es war eigenartig sich wieder in der Wohnung zu bewegen. Unsere Blicke gingen an die Wände und suchten automatisch nach Rissen. Die letzten Tage nach dem Beben waren wir immer nur kurz in der Wohnung um Dinge zu holen, jetzt sollen wir also wieder hier ganz normal leben? So richtig konnten wir beide uns das nicht vorstellen.
Nach einer kurzen Dusche gingen wir auf einen Plausch zur Anti. Das beben und die Zeit damals danach war noch immer Thema Nummer eins. Noch einmal wurde gewitzelt darüber wie oft und wie schnell wir rannten, wenn es rappelte und uns vom Haus entfernten. Es war Galgenhumor, auf beiden Seiten. Dies war zu spürbar. Viele unserer Freunde die wir bis jetzt trafen, schnitten immer wieder dieses Thema an. Es ist noch längst nicht raus aus den Köpfen. Wie ich schon schrieb, fast jeden 3 tag rappelt es noch. Um die 4 bis 5 in der Richterskala und meist in Dolakha und Sindulpalchowk nahe des Epizentrums. Man spürt es kaum bis gar nicht. Heute Nacht war ein 5,0 und wir haben nichts gemerkt. Aber wie gesagt etwas weiter weg.
Ich konnte mich nicht dazu entschließen meine Tasche mit Geld, Pässen und Ticket aus zupacken. Sie hängt immer noch, auch heute an zweiten Abend, griffbereit an der Tür. Es ist im Hinterkopf und es verschwindet nicht, auch wenn wir uns normal bewegen. Es ist immer da.
Gestern Nacht, wir konnten trotz großer Müdigkeit, nicht schlafen, überlegte ich: was mache ich hier, warum tu ich mir das an. Ich fühlte mich unsicher. Noch ist Shriman bei mir, aber ab Oktober werde ich allein hier sein. Will ich das? So einiges in mir sagte: flieg zurück. Irgendwann beim grübeln war ich dann endlich eingeschlafen. Und morgens sah die Welt etwas anders aus. Lag es daran das es hell war und man sich von Haus im Hellen sicherer fühlt?
Wir fuhren zum Immigration wegen meines Visa. Seit heute bin ich nun wieder Besitzer eines Non Touristvisa für ein Jahr was mich berechtigt auch ein uns aus zu reisen wie ich möchte. Bin ich glücklich damit? Wir waren in Thamel und besuchten unser Partner Hotel. Man versicherte uns alles sei in bester Ordnung. Was sollen sie auch anderes sagen.
Ich vertraue der nepalesischen Regierung nicht viel. Zu viel Propaganda wurde gemacht das Touristen zurück kommen, da Nepal sicher sei. Ist es das? Ich weiss es wurden Ingenieure geholt die gerade öffentliche und Tourismus Gebäude untersucht haben und die die ok waren einen grünen Punkt bekamen. Die reparierbar waren bekamen einen gelben und die abgerissen werden mussten einen roten.
Soll ich Euch was sagen: Ich sah viel heute, aber an keinem Haus irgend einen Punkt. Wir waren noch nicht an den Plätzen wo die Tempel eingefallen sind. Aber wir wissen, alles wurde abgesteckt. Ein Weg für Touristen wurde eingerichtet und alles was noch unsicher ist mit einem roten Seil abgegrenzt, worauf steht: nicht betreten.
Ich sah in unserer Umgebung zwei Häuser mit solchen Rissen an Pfeilern und Wänden das jeder Laie weiss: nein hier geh ich nicht lang. Aber ich sah weder einen roten Punkt noch ein Absperr Seil. bei uns um die Ecke steht ein Haus, 6 Etagen und meines Erachtens nicht sicher. Unsere Anti erzählte 6 Ingeneure waren da. 3 sagten Abriss, 3 sagten kann man reparieren. Der kleine Supermarkt unten ist wieder geöffnet, alles in den oberen Etagen ist leer. Ich verbot Shriman jemals diesen Supermarkt zu betreten. Wenn ich dort lang laufe, dann mach ich das sehr schnell.
Vor meiner Abreise ging ich in Gedanken oft die Wege die ich meist in Kathmandu nutze durch. Wo komm ich am schnellste raus, wenn es wieder mal so weit ist? Wo ist eine Lücke die etwas frei ist? Ich fand kaum Möglichkeiten. Denn in Thamel UND alt Kathmandu ist alles sehr eng gebaut. Da hat man keine Chance.
Heute habe ich mich ganz normal bewegt und nicht darüber nachgedacht, denn letztendlich bringt es auch nichts.
Was ich sagen möchte: ich bin angekommen körperlich, nicht mental. Ich weiss nicht ob sich das ändert. Sicher fühle ich mich noch nicht. Aber so sicher fühlte ich mich für Shriman jedenfalls die letzte Zeit in Deutschland auch nicht. Die Situation Ausländer betreffend ist nicht die wie e´sein sollte. Mir ist klar, wir können nicht die Welt retten, wir können auch nicht allen Flüchtlingen helfen. Ich weiss auch es gibt die einen oder anderen die aus anderen Beweggründen kommen. Aber ich versteh nicht wieso man so krass sich dagegen stellt. Steine werfen oder Asylheime anzünden ist bestimmt keine Lösung. Auch Shriman wurde verbal als blöder Ausländer aus dem Nichts vor ein paar Tagen angegriffen.
Wo also können wir so richtig sicher im Moment leben?
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