Pilo das Tier in mir

Ich war gerade mal ein paar Wochen hier, als ich im Schneidersitz auf dem Balkon sitzend fest stellte, ich habe da was was nicht da hingehört. Das musste schon ein paar Tage dort sein, wahrgenommen nur als juckendes Etwas und angenommen ein Mückenstich. Jetzt erst sah ich mit eigenen Augen es war was anderes, es musste was anderes sein. Wer beguckt sich schon pausenlos seine Waden?
Ein riesen Stich umrundet mit einer noch größeren Rötung, die teils juckte , aber auch weh tat. Irgendwie war das was anderes, als ein herkömmlicher Stich. Panik artig griff ich zum Telefon und rief Shriman an…….wenn du heim kommst müssen wir zum Arzt, ich habe da was komisches am Bein.
Meine Gedanken wanderten zurück zu den Tagen im Chitwan NP eigentlich Malaria frei, aber man weiss ja nie. Könnte auch ein Blutegel gewesen sein, den ich am Bein hatte und der vielleicht irgendwas da gemacht hatte.
Eigentlich bin ich nicht überängstlich und zum Arzt gehe ich schon gar nicht bei einem Stich. Doch wir wollten ja nach einigen Tagen in die Berge mit unseren damaligen Gästen und dort sieht die Welt nun mal anders aus.

Als Shriman Heim kam stellte er nach einem Blick auf mein juckendes Etwas fest…….das ist ein Pilo! Sein Gesicht dabei………..hab dich nicht so, ist nix schlimmes, eher was sehr gutes und außerdem.

Na was ist den nun ein Pilo, fragte ich ihn?
Pilo ist was Gutes, es bekommen hin und wieder immer mal die Menschen in Nepal und außerdem sagt man diesem Ding nach es bringe Glück.
Naja und was ist denn nun, lies ich nicht locker, denn so richtig konnte er mir auch nicht erklären wo ein Pilo her kommt. Ein Stich? Nein! Na aber was?
Mensch nun rede doch mal und lass mich nicht dumm am Pilo sterben.
Folgende, für mich eigentlich nicht zufriedenstellende Erklärung bekam ich………
Der Pilo muss reifen, dann muss man ihn ähnlich wie einen Pickel ausdrücken. Es kommt eine weisse Flüssigkeit heraus der dann irgendwann 2 Augen ( ja ihr lest richtig!) folgen müssen.
Der Pilo ist ein Tier. Wie , was ein Tier? Naja ein Pilo halt.
Ich war so schlau wie zuvor, nur das ich jetzt wusste dieser Pilo sitzt ganz tief in meiner Wade.

Am Abend machte sich Shriman bereit, besagten Pilo heraus zu quetschen. Im Wohnzimmer lag ich mit dem Bauch auf dem Boden und Shriman drückte, nein er presste was das Zeug hielt, an meinem Pilo herum. Raus kam nur weisse Sosse. Ich war begeistert, als er meinte……der ist noch nicht reif , die Augen sind noch drin und so lange die nicht raus kommen verheilt die Wunde nicht.
Die Wunde bestand aus einem bestimmt 4 cm tiefen Loch tief in meiner Wade.

Die folgenden Tage zeigte Shriman jeden der es sehen, oder nicht sehen wollte meinen Pilo, damit ich vielleicht von andere Stelle eine für mich erklärlichere Information erhielt.
Alle, wirklich alle, sei es die Familie, die Anti vom Haus, sämtliche Didis, Bahinis und Freunde rollten mit Bewunderung in den Augen, oder aber grinsten und meinten…….Das ist ein Pilo.

Na toll, so schlau war ich nun auch schon.
Was es aber genau ist, konnte mir auch von denen keiner sagen.
Ein Pilo bringt Glück……..und die Augen müssen raus. Erzählte mir jeder.
Jeder kannte so was, hatte so was schon mal gesehen. Wirklich jeder in Nepal!
Auf meine Frage die ich wirklich jedem darauf stellte……hattest du auch schon mal ein Pilo? Antwortete jeder und wirklich jeder………mehr, oder weniger entsetzt NEIN nie!!!!!
So als wäre es die Krätze, oder ähnlich.
Vergleichbar mit unseren Kopfläusen die fast jeder als Kind mal hatte, die jeder kennt, aber auf Nachfrage jeder behauptet…….noch NIE gehabt.
Oder aber wie beim Phänomen Mc Donalds…….alle meinen ist ja schrecklich das Futter dort, doch deren Buden sind ständig voll.

Viel weiter war ich in meiner Recherche Pilo nicht gekommen. Außer das ich jetzt die Wunde, die nun offen war, mit einem Pflaster abdeckte. Zum einen wegen des Staubes hier, zum anderen um nicht als wandelndes Zirkuspferd ( in Form einer Ausländerin mit Pilo) durch die Gegend zu spazieren.

Zwei Tage vor besagtem Trekking ins Langtang, traf ich eine Freundin aus Deutschland, die in Nepal weilte. Die sah meine Wade und meinte…….eh das habe ich auch.
Der erste Mensch der zugab auch so was gehabt zu haben war ein Ausländer.Ich war überglücklich. Und sie hatte das nicht nur einmal, sondern drei mal.
3 fette Narben, wirklich tiefe, zierten ihre Waden.
Eingefangen hat sie sich die Dinger bei ihrem längeren Nepal Aufenthalt vor 2 Jahren. Auch sie bekam die gleiche Story wie ich zu hören.
Zurück in Deutschland war sie bei einem Arzt, der trotz sämtlicher Tests und was weiß ich nicht noch alles, auch nicht heraus bekam was es war. Die Flüssigkeit wurde sogar in ein Labor eingeschickt, doch auch die konnten nicht definieren was es war.
Es wurde heraus geschält und fertig war es.

Sie gab mir noch den Rat während des Trekks, wegen des Staubes auch in den Bergen, den Pilo wenn er offen ist zu verbinden und eine desinfizierende Salbe auf zulegen.
Langsam wurde das Teil immer größer, tat weh sobald ich mich daran stieß und brachte mich ins überlegen doch zum Arzt zu gehen.
Shriman wiederum meinte, warte wir bekommen das schon raus. Obwohl es nach Berührung höllisch weh tat und immer wieder weiße Brühe raus lief
Da ich ihm eigentlich vertraue, dachte ich na gut wird schon schief gehen.

Wir machten uns auf den Weg. Ein paar Tage später, ich hatte Vertrauen zu den Gästen bekommen, zeigte ich meinen Pilo……….Na deren Blicke beschreibe ich mal nicht.
Das Teil war jetzt reif, wie Shriman sagte. Und ich wollte es los werden.

Ein Suche nach einem Arzt, der vielleicht auch unter den vielen Trekkern in der Lodge war und uns möglicher weise helfen könnte, ergab nichts. So machten Shriman, ein Gast von uns und ich uns auf den Weg in unser Zimmer.
In einer „sterilen“ Umgebung lag ich auf dem Bett, der Gast bewaffnet mit einer Taschenlampe mit der sie Shriman leuchtete.
Ich lag auf dem Bauch und sah nichts zum Glück. So bewaffnete Shriman sich mit einer Einwegspritze ( das war das einzige sterile an der Sache) und kratzte den Grind ab, der sich durch das immer wieder öffnen gebildet hatte. Dann wurde an meinem Bein herum gequetscht, geknebelt und gedrückt, während ich mehr oder weniger gelassen meinen Blick auf den Langtang Lirung warf.
Eine schönere Umgebung, so dachte ich in jenem Moment, gab es wohl kaum sich einer Operation zu unterziehen. Als ich den Druck kaum noch aushielt hörte ich den Gast, die Beleuchtungs Assistentin rufen……ach du Scheiße.
Na toll……

Schnell hörte ich Shriman murmeln…..psst!!!!!

Mit einer Löffelspitze, die sie zuvor in kochendem Wasser gereinigt hatten, buhlte Shriman noch was in der Wunde herum um alles raus zu holen was da war. Mein Schmerz und meine Gedanken dabei erwähne ich jetzt nicht.
Fazit: Die Augen kamen mit raus, laut Angabe meiner zwei Operateure. Jetzt wurde die Salbe noch mal drauf geschmiert und ein ordentlicher Verband zierte meine Wade.

Stolz wie Bolle und Pilo los stolzierte ich zurück in den Dinner Room. Bemitleidet und bemuttert von den anderen. Tag für Tag heilte Dank der desinfizierenden Salbe alles ab.
Übrig ist eine tiefe Narbe an der jetzt jeder Nepalese sehen kann….ich bin eine von ihnen.

Nebenbei es hätte nicht so weit kommen müssen. Shriman hatte von Anfang an gesagt das Teil muss noch reifen. Doch ich wollte vorzeitig das der Pilo mein Bein verlässt.

Wieder in Kathmandu lies mir das keine Ruhe. Ich musste dem Dingen unbedingt auf den Grund gehen. Die Erklärungen sämtlicher Nepalesen hat mich nicht zufrieden gestellt.
Google…..dein Freund und Helfer, auch in der Ferne.

Pilo…..bei Wikipedia fand ich das Pilo das lateinische Wort für Schmerz ist.
Konnte ich bestätigen.
Doch was es wirklich war konnte mir auch Wikipedia, oder andere Info Seiten nicht sagen.
Bis ich auf einen Blog eines Australiers stieß, der auch in Nepal war. Nach seinen Beschreibungen hatte er das Gleich einst in seinen Tagen hier. Nur auf der Nase……der Glückliche.
Der jedenfalls hat heraus bekommen, was ich nie erforschen konnte.

Eine kleine Motte ist Schuld daran. Jene Motte steuert zielstrebig Menschen an, meist wenn sie schlafen. Dort sucht sie sich offene Wunden, sind sie auch noch so klein.
Und dort legt sie ihre Eier ab. Die sich immer mehr einarbeiten ins Innere des Körpers um zu brüten. Irgendwann werden es Maden ( uahhhhhh) was jene besagten Augen sind.
Schlimmsten Falles wäre also irgendwann einmal eine Motte aus meinem Bein geflogen.

Gestern Abend flog eine Motte im Wohnzimmer. Ich sprang auf und kreischte….Pilo Alarm!!!!
Dies wiederum veranlasste Shriman mich mit großen verwunderten Augen an zugucken.
Ich hatte ihm ganz vergessen meine neu erworbenen Kenntnisse zu berichten. War ja alles lange her.
Schnell berichtete ich ihm.
Nepalesische Gelassenheit herrschte bei ihm , als ich wild fuchtelnd durch die Bude fuchtelte um jene Motte zu fangen und zu killen.

Ich habe sie gekillt, sie jedenfalls legt keine Eier mehr bei mir ab………..

7 Antworten zu „Pilo das Tier in mir”.

  1. Gruselig! Hoffe, dass mit den Augen auch der Rest des Tieres entfernt wurde!

  2. Das irgendwelches Ungeziefer seine Eier in menschliche Wunden legt habe ich auch schon mal gehört. Eine Freundin von meiner Nachbarin hatte nach einem Indien Aufenthalt eine Beule am Oberarm und die wurde immer grösser die Aerzte hier wussten nicht was das war bis sie zu einem indischen Arzt ging der wusste es. Er schnitt die Beule auf und drin war ein grosser Wurm der drin lebte. Eeeekk! Sie hatte eine Schürfung am Oberarm und dort hat Irgendetwas seine Eier gelegt.
    Wiso ein Pilo etwas gutes in Nepal ist verstehe ich nicht. Was ist so toll daran? Ich würde nöch eine Antibiotika gegen Parasiten einnehmen das wirklich alle Eier abgetötet sind. Sicher ist sicher.

    1. igitt nein danke da bleibe ich lieber bei einer niedlichen motte. fotos habe ich gar keine und die narbe am bein verblasst sicher bald 🙂 was die leute daran toll finden weiss ich auch nicht, ich kann gut auf so ein glück verzichten lg

  3. Hallo – klingt schrecklich …. aber ist wohl gar nicht so selten .
    Von Freunden in Paraguay habe ich von der Dasselfliege ( Ura genannt ) gehört ,
    die auch ihre Eier regelmäßig bei Mensch und Tier in den Körper „pflanzen“ .
    Kannst ja mal nach Bildern googlen , denn das klingt für mich nach dem gleichen Tierchen .

    LG von der Insel

    1. Diese Bilder will ich nicht sehen.

    2. muss ich mal googeln das interessiert mich. was es nicht alles so gibt. lg zur insel

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