Ich hatte mir in Langtang den Bauch mit Käse und Sanddornsaft vollgeschlagen und wir nahmen die nächste Etappe in Angriff.
Unser Ziel war Kyanjin Gompa, nebst 2 Gipfeln die dort stehen.
Der Weg führt vorbei an vielen Mani Mauern, um ein gutes Karma zu bekommen, sollten diese Mauern immer von der linken Seite aus begangen werden. Auf den Manisteinen stehen heilig buddhistische Texte . Jeder Buddhist, der einen Wunsch, oder ein Gebet aussprechen möchte, ergänzt die Mauer mit einem weiteren Stein.
Auch lege hin und wieder Steine dort ab. Ab hier haben wir einen wunderschönen Blick auf das Langtang Lirung Massiv. Die Berge scheinen so nah, fast zum angreifen nah und doch liegt noch ein weites Stück Weg vor uns. Diese Etappe scheint einfacher, größere Steigungen gibt es nicht. Nur in dieser Höhe (3400Meter) fällt es schon etwas schwerer so einfach mal dahin zu schlendern.
Langtang Dorf war voll, fast alle Lodgen waren ausgebucht. Auf dem Weg hingegen trifft man nicht sehr viele Wanderer. Die einen laufen schneller, die anderen langsamer. So verläuft sich alles und man hat das Gefühl alleine mit der Welt und den Bergen zu sein.
Shriman ist ein Verfechter des Langsam gehens. Nicht weil er keine Lust hat, sondern er ein Interesse hat, dass seine Kunden ( ich auch .) ) ihr Ziel erreichen. Seit vielen Jahren arbeitet er in den Bergen, er kennt die Gefahren, er weiss wer langsam läuft kommt zum Ziel. Ab und an sehe ich vereinzelt Wanderer die alleine unterwegs sind, man möchte fast sagen rennen.
Ich kenne nicht deren Beweggründe. Nur weiss auch ich aus Erfahrung das viele von den rasenden Trekkern, rasend schnell auch schon mal in einem Heliokopter landen und rasend schnell nach KTM in ein Hospital gebracht werden müssen. Leute missachtet nicht die Gefahren der Höhenkrankheit. Die kommt oft nicht schleichend, sondern ganz schnell und mit aller Macht.
Fast am Tagesziel angekommen, in Kyanshing Gompa kann man auch den Kimshung ( 6745 Meter) nebst seinem gewaltigem Gletscher sehen. Ein letzer kleiner Anstieg über eine Endmoräne, die mir alles noch mal abverlangte, bringt uns ins Ziel nach Kyanshing Gompa.
Es ist Mittagszeit. Irgendwie habe ich, wie immer wenn wir im Himalaya unterwegs sind, kein Hunger. Wer mich kennt, weiss das dies wirklich ein Ausnahmezustand ist. Leide ich doch permanent an Hunger immer und überall :).
Ich würge mir ein paar Nudeln herein, denn shriman hat noch was vor mit uns. Getreu seiner alten Regel……..steige hoch und schlafe tief, will er uns noch zu einem Gipfel jagen. Der Gute 😉
Ausgesucht hat er sich den Kyanjin peak mit schnuckeligen 4600 Metern. Ein kleiner Spaziergang von 2 Stunden soll es werden. Ich kenne Shriman, ich vertraue ihm was Zeitangaben geht nicht die Bohne mehr. Gyansjin Gomba ist 3850 Meter hoch und er nennt einen Anstieg mit fst 900 Metern Spaziergang? Hallo….ich bin nicht die Berg Gemse wie du denkst, ich bin ein langsam laufender, schnauffender, bequemer Europäer. Nach mir geht es nicht, unsere Gäste haben Vorang und die wollen es so. Na gut, denke ich, gehste halt mit.
2 Stunden, damit meinte er letztendlich 3 Stunden hoch und 1,5 Stunden wieder runter. Ich galube ich habe mir heute eine Rolle Pringels verdient, oder? Gemütlich, so steht es in jedem Wanderführer, gehen wir hoch. Ich weniger gemütlich. Doch zu meiner Verteidigung muss ich sagen, ich litt noch an einer Erkältung. Die hier wieder auszubrechen drohte. So schlug ich mich als kleines Hustinetten Bärchen zum Gipfel.
Gipfel belohnen einen in Nepal mit der Aussicht auf mehr Gipfel, höhere Gipfel……….seht selbst.
Dort unten ist Kyanjin Gonba.
Gebetsfahnen sind auch immer ein Zeichen, dass man es geschafft hat. Jeder Pass, Gipfel und auch Brücken werden damit geschmückt.
Trinken nicht vergessen!
In Gyanjin Gomba
Durch Wasser angetriebene Gebetsmühlen.
Auch kyanjin Gomba hat, wie der Name schon sagt eine uralte Gomba.
Der nächste Tag sollt uns einen neuen Gipfel und einen noch schöneren Ausblick bringen. Über Nacht jedoch entschied sich mein Husten mich und sicher auch die halbe Lodge ( hier gibt es nur dünne Bretter Wände) wach zu halten. Dem entsprechend sah ich auch früh so aus, geschweige wie ich mich fühlte. Alles jammern nutzt nichts Geschäft ist Geschäft und ich trabbte mit. Ich war an diesem Tag jene die sich hängen lies. Shriaman übergab die Gäste dem Nima und den 2 Portern und widmete sich voll um meine Person. Er ist so ergeizig, für ihn steht an erster Stelle das seine Gäste ihr Ziel erreichen und das wollte er auch für mich. Hatt er vergessen, dass ich gar nicht sein Gast bin?
Wir wollten an diesem Tag den Tsergo Ri ( 4984 Meter ) besteigen. Zuvor, es war sehr früh am Morgen und wirklich sehr kalt, mussten wir uns einen Weg über einen scheinbar sehr kleinen Gletscherfluss bahnen. Die Steine rings um dieses Rinnsal waren vereist, so dass ein rüber kommen fast unmöglich schien. Wir bauten uns mit Steinen, die wir etwas weiter weg suchten einen Übergang. Dabei tapste Shriman volle Kanne ins Wasser. Seine Füsse, seine Schuhe, seine Socken waren klatsch nass. Bei Aussentemperaturen von minus 2 Grad nicht wirklich ein Vergnügen weiter zu gehen. Doch Job ist Job.
Das sieht harmlos aus, ich weiss. Glaubt mir aber das ist es nicht.
Diesen verdammten Berg zu erklimmen, fiel allen schwer. Der Trergo Ri zieht sich sehr steil nach oben und das in dieser Höhe. Selbst Gebirgs erprobte Österreicher waren nahe dran zu kapitulieren. Bei mir selber stellten sich bei meiner magischen Grenze, den 4000 Metern, wie immer Kopfschmerzen ein. Und ich glaube zu wissen nicht nur ich litt darunter. Wenn ich von Kopfschmerzen spreche meine ich nicht leichtes brummen im Schädel. Nein, man hat das Gefühl es hebt sich die gesamte Schädeldecke. das Gehirn scheint anzuschwellen ( ich glaub medizinisch gesehen tut es das auch) und droht aus sämtlichen Kopföffnungen heraus zu preschen. Die Ohren hämmern, der Atem rasselt und bei mir setzte echt ätzend trockener Husten ein. Trinken, trinken und langsam gehen. Trinken? Bei minus 2 Grad hat man darauf nicht wirklich Lust. Zumal das Getränk nicht wärmer ist. Schluck für Schluck lies ich eiskaltes Wasser in mich hinein laufen in der Hoffnung es werde besser. Um es vorweg zu nehmen, es wurde nicht besser, es wurde immer schlimmer. Meine Beine, so hatte ich das Gefühl, kämpften sich nur wenige Zentimeter vorwärts. Am Ende des Berges gibt es ein Geröllfeld mit schier unermesslich großen Steinen. Rutschst du dazwischen bist du weg. Mein Kopf schwirrte, mir war schwindlich. Mein Interesse mir rings herum die Bergwelt anzusehen erlosch von Meter zu Meter, ich wollte nur noch oben stehen, ein Bild machen und wieder runter.
Geographich gesehen waren wir schon fast in Tibet. Mir war es egal, mir war alles egal, ich wollte nicht mehr. 10 Meter vor dem Ziel und ich meine wirklich nur 10 Meter, kapitulierte ich. Das klingt bekloppt ich weiss. Wer gibt schon 10 Meter vor dem Ziel auf? 10 Meter in fast 5000 Metern Höhe sind ein gewaltiges Pensum. Wer immer hier oben war, der weiss das.
Eine halbe Stunde zuvor setzte heftiges Schneetreiben ein. Unsere Gäste kamen schon zurück und ich kämpfte noch immer mit den 10 Metern. Eine unserer Begleiter sagte mir später im Tal, ich sah aus als sollten es meine letzten 10 Meter werden. Und genau so fühlte ich mich auch. Shriman hatte mir schon längst meinen kleinen Rucksack abgenommen und zerrte mich förmlich über die Meter großen Geröllsteine. Wirklich ich kann nicht mehr, lass uns umkehren. Gesehen hätten wir eh nichts mehr. Das Schneechaos wirbelte immer mehr um uns herum und wir mussten 5 Stunden wieder absteigen.
Der Abstieg über die Steine würde ohnehin alles abverlangen von mir, noch dazu waren sie jetzt Schneebedeckt. So entschied ich, ganz allein für mich, dies war es diesmal…..Rückzug. Ehrlich gesagt ich schei……. auf die letzten 10 Meter, mein Leben war mir mehr wert und der Berg läuft nicht weg.
Shriman war besorgt, aber auch unglücklich, mich nicht dort hin gebracht zu haben. Wichtiger allerdings war, dass unsere zahlenden Gäste es geschafft hatten. Und so war es auch. Keine Angst sie waren nicht allein unterwegs, da passt shriman schon auf. Unser Nima, Gyanu und Bhansa waren bei ihnen.
Seht Ihr da oben ist das Ziel, wirklich in greifbarer Nähe. Leider sieht man auf dem Foto nicht das mein Gesicht mehr grün und gelb war.
Ich kämpfte mich mehr schlecht als recht wieder runter, jeder Meter bereitete mir Schmerzen. Es ist so, wenn man wieder runter geht ist es das beste was man machen kann bei einsetzender Höhenkrankheit. Nur dauert das, der Körper bekommt erst noch einmal volle Breitseite alles ab, ehe er sich wieder akklimatisiert.
Ich sag es mal so, Shriman hatte mich untergehackt und schleifte mich Meter für Meter runter. Zwischendurch unterbrochen von meinen Ausflügen über große Steine an denen ich mich rüberhing um alles was ich die letzten Tage gegessen hatte wieder raus zubringen.
Da fragt man sich doch, bin ich bekloppt? Warum tu ich, oder viele andere Nepal Trekker sich das an? Warum wohl? Die Aussicht, das Feeling und auch der Kampf gegen das eigene Ich, dass macht solche Stapatzen aus. Und es ist ja nicht immer so schwer.
Glücklich und auch mit entleertem Magen kamen wir wieder unten an. ich ging gleich ins Bett und schlief ein paar Stunden. danach war ich wieder fit. So ist das halt in den Bergen von Nepal.
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